Dröppelmina Breidenbach – Die Bergische Kaffeetafel

GEWUSST WIE!

Zinn ist lebensmittelecht und geschmacksneutral, überdies ein schlechter Wärmeleiter. Wird die Dröppelmina (Dröppelminna) mit kochendem Wasser vorgewärmt, hält die Kanne die Temperatur bis zu drei Stunden auch ohne Stövchen, hat Rolf Breidenbach herausgefunden.

Das richtige Kaffeemaß? Den Deckel mit grobem Kaffee füllen und diese Menge plus einem weiteren Löffel Kaffee in die Kanne gegeben, dann mit kochendem Wasser aufgießen. Nach kurzer Zeit setzt sich der Kaffeesatz in der Vertiefung am Boden ab. Durch den höher angebrachten Hahn kann das Heißgetränk in die Tasse fließen.

Nach dem Gebrauch nicht scheuern oder putzen, sondern nur mit warmem Wasser ausspülen, gegebenenfalls ein mildes Spülmittel verwenden. Außen sorgt Abstauben mit einem Wolltuch für den Erhalt des Glanzes. Geschützt werden sollte die Kanne überdies gegen Feuchtigkeit und Kälte. Jahrelange Unterkühlung kann für „Zinnfraß" sorgen.

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Arafat hat eine Dröpelmina (Dröpelminna) bekommen, Eddi Constantine, Desmond Tutu, Franz Beckenbauer, Berti Vogts, Heidi Klum und auch die meisten Bundekanzler plus -präsidenten. Jüngste prominente Empfängerin des dickbäuchigen Exportschlagers aus Zinn war vor wenigen Monaten Angela Merkel. „Früher oder später kommen sie alle", freut sich der Mann mit der Droeppelmina. Seit 30 Jahren sammelt Rolf R. Breidenbach alte Kannen, kopiert antike Formen und verfeinert sie mit den Möglichkeiten moderner Technik. Bleifrei und nahtlos sind heute alle. Sieht er irgendwo schönere Beine oder einen stabileren Griff, dann werden die Details abgeformt und in Serie gebracht. Erst jüngst hat er bei einer Armaturenfabrik im Sauerland 1000 Kräne bestellt, damit die Mina nicht , mehr dröppelt.

Ihren Namen verdankt die zinnene Kanne nämlich einer permanenten „Dröppelei“:

Entweder war der Kran irgendwann undicht geworden oder, der Kaffeesatz stand so hoch, dass er, den Ausguss verstopfte. Hausfrauen rückten dem Problem in früheren Zeiten beherzt mit der Haarnadel zu Leibe, während bergische Burschen einfach kräftig-deftig in die Kanne bliesen, was nicht selten Kaffee samt Satz am falschen Ende austreten ließ. Dass er eines Tages zum King Of avancieren könnte, hatte sich der gebürtige Remscheider nicht träumen lassen.

Zwar hatte der Kaufmann und Betriebswirtschaftler immer mit Technik zu tun (schon zu Schulzeiten ersetzte ein präparierter Griffelkasten den Spickzettel), doch die war zunächst von ganz anderem Kaliber. In Amerika verkaufte er für ein deutsches Stahlwerk Raupenfahrzeugteile. Bereits als Kind hatte es ihn nach Übersee gezogen, da viele Verwandte seiner Mutter dort leben. Noch heute erinnert er sich mit Wehmut daran, wie er in Kanada Waschbären erlegt, im Wald abgezogen und zum Transport mit Laub gefüllt hat. „Über Labrador mit dem Fallschirm abspringen und sich dann im Busch durchschlagen", das ist noch heute sein Traum, obwohl er längst im Bergischen sesshaft geworden ist. „Kanada und Kalifornien", sagt der fast 70-Jährige unternehmungslustig, „hab ich in den Knochen."

Dabei ist der Senior bergisches Urgestein durch und durch. Seine Frau fand er jm Dabringhausener Ortsteil Grunewald. Sie war die jüngste Tochter der dortigen Schnitzelpfannen-Wirte. Mit 18 Jahren besuchte sie ihn in Kanada - und blieb. Als ihre Mutter starb, kamen beide zurück nach Grunewald. Während Margarete Breidenbach den Vater versorgte und im Gasthaus einsprang, richtete sich ihr Mann im Kuhstall hinter der Gaststube seine erste Werkstatt ein. Hier stand durchaus nicht immer die Dröppelmina im Vordergrund. Zunächst waren hauptsächlich Teller gefragt: aus Zinn und Melanin, mit Wappen, Firmenlogos oder als Auszeichnung für Sportler wie Cassius Clay alias Mohammed Ali. Das Übergabe-Foto mit dem Bild des legendären Boxers hängt heute ebenso in der Werkstatt wie Aufnahmen anderer Prominenter, die Breidenbach-Erzeugnisse geschenkt bekamen. Im schwedischen Königshaus beispielsweise freute man sich über einen handgegossenen Teller des bergischen Tüftlers. Er selber ist bei solchen Gelegenheiten nicht dabei. „Ich stehe nicht gern da vorne im schwarzen Anzug", sagt der Handwerker, der seinen Spitznamen Dröppel-Breidenbach mit Stolz trägt. Er arbeitet lieber im Hintergrund, auch wenn er nebenbei bemerkt, er habe sich sehr über einen Dankesbrief des damaligen Bundespräsidenten Carl Carstens, Frau Merkel und Herr Kohl gefreut, die bei ihrem Besuch im Rheinisch-Bergischen Kreis eine Dröppelmina erhielten.

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Leuchtende Atmosphäre

Zuhause im beschaulichen Grunewald, wo heute Wohnung, Ausstellungsraum und Werkstatt unter einem Dach sind, kommt der Kaffee für gewöhnlich aus einer ganz normalen Kanne. Aber „wenn es schön sein soll", dann holt Rolf R. Breidenbach eine seiner Dröppelminas aus dem Schrank - natürlich mit Stövchen: „Das gibt Atmosphäre, wenn es leuchtet. Dann wird es richtig gemütlich."

Egal, wie gut die Geschäfte liefen, die Breidenbachs sind immer mit beiden Beinen fest auf bergischem Boden geblieben. „Geld war für uns nie ein treibendes Motiv", sagt der fast 70-Jährige. Er freue sich vielmehr, wenn der Kunde zufrieden das Geschäft verlasse. „Damit sind wir immer gut gefahren." Er kümmere sich um das Handwerkliche, „und meine Frau ist die Seele des Geschäfts". Seinen Elf-Stunden- Tag empfindet er nicht als Belastung. „Ich habe früher mehr getan." Damals hat er noch vieles selbstgemacht. Heute werden in Grunewald die gelieferten Teile nur noch zusammengesetzt. Zeit für Hobbys, räumt der Kannen- Kenner ohne Bedauern ein, habe er dennoch nicht. „Ich verreise gerne, aber ich fahre nicht gerne in Urlaub." So reist er denn mal eben nach Italien, um mit einem anderen Handwerker ein neues Detail zu besprechen, oder nach Belgien zu Verkaufsgesprächen.

Dass seine Dröppelminas heute in der ganzen Welt vorhanden sind, nimmt der Grunewalder mit bergischer Bescheidenheit zur Kenntnis. „Ich bin ein Nischenanbieter. Was sind denn schon fünf Kannen für Hawaii?" Auch in Australien, Amerika, in vielen arabischen Ländern sowie in Japan dröppelt die typische bergische Zinnkanne aus Grunewald - als Zeichen deutscher Kaffeekultur und Gemütlichkeit.

Dabei sollen es die Niederländer gewesen sein, die einst die aus Asien stammende Dröppelmina ins Bergische brachten. Der 70-Jährige kennt sie alle, die antiken Formen, die Schwanenhals- und Adlerkannen, die gebauchten, birnen- und urnenförmigen, einhenkeligen oder dreibeinigen. „Kaffeekanne holländisch Fasson" hieß im 18. und 19. Jahrhundert einst das, wofür der Volksmund später den Namen „Dröppelmina" erfand. In manchen Gegenden heißt die Tischzierde auch Dröppelliese oder -trina, und die Elberfelder sprechen liebevoll von ihrem „Luis'- chen". In jedem Fall erinnert die Kanne optisch an eine resolute Hausfrau, die gebieterisch die Arme in die Hüften stemmt.

Kam sie auf den Tisch, war „Koffeedrenken met allem Dröm on Dran" angesagt. Was früher ein Schmaus für die ganze Verwandtschaft war, ist heute vor allem eine Touristenattraktion im Bergischen - und nebenbei ein ständiges Ärgernis für die Anhänger der Rechtschreibregeln. Denn allzu oft verirrt sich in die Mina ein doppeltes „n", in Dröppelminna. „Im Kundengespräch bemühe ich mich, das eventuell im zweiten oder dritten Satz zu korrigieren. Ich will ja kein Lehrmeister sein." Genutzt hat es nicht viel. Die meisten kommen von der ,,Minna nicht mehr los und schreiben Dröppelminna statt Dröpelmina. Kein Wunder, dass Dröppel-Breidenbach ernsthaft überlegt, eine zweite Homepage mit zwei „n", also droeppelminna.com anzulegen. Alles selber macht er aber mittlerweile nicht mehr. „Die meisten Kannen werden hier zum Teil nur noch zusammengebaut."

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Trotzdem überlegt er immer wieder, wie er Details verbessern kann. Daneben kümmert er sich um die Reparaturaufträge, die sich in Kisten und Tüten stapeln, arbeitet an Nachbildungen historischer Kerzenhalter fürs Kürtener Gut Hungenbach und erfreut sich an seiner Sammlung alter Schränke.

Wer den Ausstellungsraum in Grunewald betritt, kann das Angebot mit einem Blick gar nicht erfassen. Neben Dröppelminas in allen Formen und Formaten (als daumengroße Miniatur genauso wie als meterhohes Schaustück vorhanden) füllen unzählige Zinngegenstände die Regale: vom Apostellöffel für die Zuckerdose über die Tintenfassgarnitur mit Jagdmotiven bis zum reich verzierten Abendmahlskelch. Zudem bietet der Chef auch noch schön geschliffene Gläser, Vasen und Prunkpokale sowie Hummel- Figuren feil.

Faible für Schönes

Vor allem die Wiederverkäufer kommen regelmäßig ins kleine bergische Dörfchen, aber auch Firmen, die Breidenbach-Produkte gleich reihenweise verschenken wollen, außerdem EinzelinteresSenten und Sammler. Denn Breidenbachs sind die einzigen Lieferanten für Dröppelminas im Bergischen Land. Gefragt sind heutzutage vor allem Ein- und Zweiliterkannen, die Dröppelmina hat sich den Familien- und Möbelgrößen angepasst. Was die Zukunft seines Betriebes angeht, ist der Kannen- Kenner dennoch skeptisch. Das Faible für die schönen Dinge habe nachgelassen, stellt er bedauernd fest. Überdies denkt er mit 70 Jahren auch daran, kürzer zu treten. „Mit mir wird das Geschäft wohl zu Ende gehen", prognostiziert er. Wann das sein wird, darauf will er sich jedoch nicht festlegen. Schließlich warten noch ca. 1000 Kannenkräne auf Verarbeitung.

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